Digitalisierung, auslaufende Patente, veränderte Kundenbedürfnisse und eine schwache Konjunktur – der Life-Sciences-Branche stehen in den kommenden Jahren große Herausforderungen bevor. Trotzdem ist die Branche generell optimistisch, allerdings sehen sich die Unternehmen selbst insgesamt schlechter für die Zukunft aufgestellt als noch im Vorjahr. Das zeigt der „Future Readiness Index“ von KPMG, bei dem deutsche Unternehmen im zweiten Jahr in Folge ihre Zukunftsfähigkeit bewertet haben. Für die Branchenauswertung im Bereich Life Sciences wurden insgesamt 50 Top-Entscheider wie CEOs, Vorstände und Strategieleiter von Life Sciences-Unternehmen um ihre Einschätzung gebeten.
Die Life Sciences-Branche gehört grundsätzlich zu den investitionsintensiven Wirtschaftszweigen. Daher ist es auffällig, dass der Investitionsgrad gegenüber dem Vorjahr deutlich zurückgegangen ist. Während die Life Sciences-Unternehmen 2018 noch stärker als andere Branchen in die eigene Zukunftsfähigkeit investiert haben, bewegt sich der Index in diesem Jahr auf Gesamtwirtschaftsniveau. Nur noch 60 Prozent der Unternehmen investieren dabei mit hoher Priorität in neue technologische Felder und Lösungen (2018: 82 Prozent). Alarmierend ist, dass sich nur noch 58 Prozent der befragten Unternehmen in Bezug auf ihre Innovationsfähigkeit gut für die Zukunft aufgestellt sehen. Das ist ein Rückgang von 28 Prozentpunkten. Hier sieht Thomas Hillek, Head of Life Sciences & Chemicals bei KPMG Deutschland, verstärkten Handlungsbedarf: „Neben medizinischen Innovationen sollten vorrangig digitale Geschäftsmodelle, Lösungen und Produkte entwickelt werden.“
Insgesamt messen die Life Sciences-Unternehmen den Zukunftsherausforderungen und auch den Digitalisierungsthemen im Produktionsbereich weniger Bedeutung bei als noch vor einem Jahr. Diese Einschätzung spiegelt sich auch im gesunkenen Investitionsindex wider. Wichtige Zukunftstrends wie etwa die Virtualisierung und die Automatisierung werden nur noch von 36 Prozent (-22 Prozentpunkte zum Vorjahr) beziehungsweise 32 Prozent (-16 Prozentpunkte zum Vorjahr) der Unternehmen verfolgt. Eine Ausnahme stellt Big Data dar: Diese Technologie ist im Vergleich zum Vorjahr um fünf Plätze im Trend-Ranking gestiegen. Wichtig für einen ganzheitlichen Big Data-Ansatz sind sowohl eine klare Daten Management Governance sowie Konzepte, wie interne und externe Daten besser miteinander vernetzt und für analytische Auswertungen verwendet werden können.
„Trotz rückläufiger Tendenzen in den Bereichen Investition und Trend-Sensitivität zeigen die großen Player der Branche, dass sie die wesentlichen digitalen Trends für sich erkannt und darauf mit innovativen Lösungen reagiert haben“, erklärt Hillek. So berichtet beispielsweise ein multinationales Pharmaunternehmen über den Ausbau seiner Fähigkeiten in der Datennutzung sowie der Anwendung von Advanced Analytics und künstlicher Intelligenz im Produktionsbereich ihrer Werke. Im Mittelpunkt steht dabei die Senkung von Durchlaufzeiten sowie die Erhöhung der Produktivität, um auf schwankende Marktnachfrage besser reagieren zu können. Und tatsächlich konnten durch den Einsatz der entsprechenden Technologien nicht nur die Produktionsprozesse verbessert werden, sondern auch die Medikamentenverfügbarkeit weiter erhöht werden. Das World Economic Forum 2018 zählte eines dieser Werke zu den weltweit Top 10 Produktionsstätten in der Anwendung von Industrie 4.0 (IoT).